Weilburger feiern junge Geigerin
Von Klaus P. Andrießen
Weilburg. Starke Kontraste haben den Auftritt der Violinistin Diana Adamyan mit den Nürnberger Symphonikern am Samstagabend in der Schlosskirche geprägt. Nachdem sie vor zwei Jahren das Publikum der Weilburger Schlosskonzerte mit Beethovens Violinkonzert teils zu Tränen gerührt hatte, lieferte die junge armenische Geigerin diesmal mit Peter Tschaikowskys (1840-1893) D-Dur Konzert op. 35 eine weitaus härtere musikalische Kost. Die Symphoniker sorgten mit Werken von Grieg und Beethoven für den Kontrast im Abendprogramm. Begeistert feierten die Besucher in der vollbesetzten Barockkirche die Solistin und das Orchester.
Das große Nürnberger Orchester unter Leitung von Claudio Novati eröffnete den Abend mit der zauberhaften Morgenstimmung aus Edvard Griegs (1843-1907) Peer Gynt Suite Nr. 1 op. 46: Welch eine zarte, luftige und manchmal auch dramatische Musik. Dargeboten wurde sie mit einem vorzüglichen romantischen Ton.
Nach dem verdienten Applaus kommt die 24-jährige Diana Adamyan auf die Bühne. Das Orchester intoniert den Auftakt von Tschaikowskys Werk, und schon entfaltet die Solistin ihre beeindruckende Kunst. Das Violinkonzert wurde nach der Uraufführung 1881 in Wien mit derben Worten kritisiert, doch das stand seiner weltweiten Berühmtheit nicht im Weg, die bis heute andauert. „Denn es ist ein ob seiner Ausdrucksintensität und emotionalen Spannweite, seiner ausgeprägten Virtuosität und seines hohen Schwierigkeitsgrades wegen bei Solisten und Publikum gleichermaßen beliebtes Werk,“ heißt es etwa im Booklet zu Arabella Steinbachers Einspielung des Konzertes.
Diana Adamyan widmet sich den Schwierigkeiten - klangstark unterstützt von den Symphonikern und im steten Austausch mit dem Dirigenten - auf höchst virtuose Weise. Dass es sich um eine enorme Anstrengung handelt, die mal schroffe, mal liebliche, immer aber stark rhythmisierende Musik Tschaikowskys lebendig werden zu lassen, ist der Musikerin anzumerken. Gleichwohl taucht sie, meist mit geschlossenen Augen, tief in das Werk hinein. Die umfangreiche Kadenz im ersten Satz wird zu einem Erlebnis voller Angst und Hoffnung, Kraft und Zerbrechlichkeit. Als dieses Allegro moderato mit vollem Orchestereinsatz endet, reißt es das Publikum auf der Stelle zu anhaltendem Beifall hin - obwohl das ja eigentlich im klassischen Konzert nicht üblich ist.
Und schon geht es weiter mit dem langsamen Satz, der voller melodischer Schönheit ist. Mit einem mächtigen Einsatz des Orchesters schließt sich umgehend der dritte Satz an, der - erneut voller technischer Schwierigkeiten und Raffinessen - von Diana Adamyan höchst konzentriert dargeboten wird. Was sie auf dem Instrument von Nicolo Gagliano aus dem Jahr 1760 vermag, ist aller Anerkennung wert. Schön, dass es ihr von der Henri Moerel Foundation zur Verfügung gestellt wurde und so die Zuhörer begeistern kann. Zwar klingt es in der Schlosskirche manchmal recht scharf und hart, doch das dürfte vor allem an der besonderen Akustik liegen. Vor zwei Jahren im Renaissancehof war das anders - aber damals war ja auch schönes Wetter …
Den teilweise im Stehen gebotenen Beifallsstürmen des Publikums gibt die Solistin trotz ihres enormen Pensums an diesem Abend nach und spielt nun gelöst und sanft eine wundervolle Zugabe. Sie sagt nicht, was es ist, doch per Facebook gibt sie am Tag danach gerne Auskunft: die Sarabande aus der Partita für Solo Violine Nr. 2 d-Moll von Johann Sebastian Bach.
Nach der Pause, für die man draußen einen Regenschirm braucht, glänzen Claudio Novati und die Nürnberger Symphoniker mit Ludwig van Beethovens (1770-1827) „Pastorale“ (Symphonie Nr. 6 F-Dur op. 68). Mit seinen szenisch beschriebenen Sätzen wird dieses Werke gerne als lautmalerisch begriffen, ist aber dem Komponisten entsprechend weitaus mehr als das. Erneut und ganz besonders zeigen sich hier die großen Qualitäten der im Orchester reichlich vertretenen Bläser. Sie geben, neben den Bässen und Celli, dem Vortrag Volumen, Raum und betörende Schönheit. Die Violinen und Bratschen leiden etwas unter der Klangcharakteristik der Schlosskirche. Denn während sie sonst immer hervorragend klingen, schleicht sich in Stellen großer Lautstärke ein scharfer, fast bissiger Ton ein. Selbstverständlich steuert auch das kraftvolle Schlagwerk seinen Teil zum Gelingen der Aufführung bei.
Nach dem riesengroßen Beifall gibt das Orchester noch eine Zugabe: „Der Sturm“ aus Gioachino Rossinis „Wilhelm Tell“.