Weilburg feiert Haydns „Schöpfung“
Von Klaus P. Andrießen
Weilburg. Der Applaus für Haydns Oratorium „Die Schöpfung“ hat alles übertroffen, was die an Beifall reiche Saison der Weilburger Schlosskonzerte bisher gekennzeichnet hat. Voller Elan klatschte, trampelte und jubelte das Publikum am Sonntag in der ausverkauften Schlosskirche, um die über 90 Musiker auf der eng besetzten Bühne zu feiern. „Frisch & jung“ lautete das Motto des Veranstalters und genau so hatten die Zuhörer das Landesjugendsinfonieorchester, den Landesjugendchor, die stimmgewaltigen Solisten und Dirigent Axel Pfeiffer erlebt. Ein großartiges Konzert!
Die ganz besondere Stimmung, die an diesem Abend nicht nur die Kirche sondern auch die ganze Innenstadt beherrschte, dürfte nicht zuletzt durch die extrem vielen jungen Musiker aus allen Regionen Hessens und ihre offenbar zahlreich erschienenen Freunde, Bekannte und Verwandte entstanden sein. Das zeigte sich auch in der Pause, als überall im weitläufigen Schlosspark Gruppen von Menschen zusammen standen und sich angeregt unterhielten.
Es war beeindruckend, wie es den jungen Musikern gelang, mit den großen professionellen Orchestern mitzuhalten, die bei den Schlosskonzerten regelmäßig auftreten. Was an Routine fehlte, wurde durch Engagement und Freude wettgemacht, so dass sich ein runder und voller Klang ergab, der das große Werk zu einem Genuss machte. Natürlich trugen die großartigen Solisten ganz entschieden zum Gelingen des Konzertes bei, denn auf ihren Rezitativen und Arien liegt der Schwerpunkt des außerordentlich erfolgreichen Werkes, das Joseph Haydn (1732-1809) im Jahr 1798 in Wien selbst uraufgeführt hat. Die Komposition sei für ihn, so ist bei Wikipedia nachzulesen, „eine inspirierende und grundlegende religiöse Erfahrung“ gewesen. Nicht anders war es nun auch Jahrhunderte später in Weilburg, als die vielen jungen Chormitglieder und das Orchester für die klangschöne Untermalung der Erzählung von der Schöpfung Gottes sorgten.
„Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde“, sang Johannes Schendel (Bass) als erstes, nachdem sich der Chor in der Ouvertüre vorgestellt hatte. Und nun erzählte Haydns wundervoll positiv ausstrahlende Musik von der Genesis, ließ die Solisten in der Rolle der Erzengel Uriel (Julian Habermann), Gabriel (Samantha Gaul) und Raphael (Johannes Schendel) mit ihren prägnanten Stimmen vor allem eines tun: Gottes Werk preisen. In stetem Wechsel mit dem in allen Lagen besetzten Chor, den Streichern und Bläsern, dem Cembalo und der Pauke entstand ein eindrucksvolles Gesamtbild.
Sicher war es auch der herrliche Kirchenraum selbst, der dieser Aufführung einen ganz besonderen Glanz, eine weitere sinnliche Dimension hinzufügte. Wie selbstverständlich schien es auf einmal, dass die Putten und Heiligenfiguren den Musikern auf der Bühne zusahen und man glauben konnte, sie hätten ihre Freude daran.
Natürlich findet auch ein solch besonderes Konzert in der Realität statt. Das zeigte sich, als jemand im Publikum ganz schnell Hilfe brauchte. Sofort holte eine Nachbarin diese herbei. Während auf der Bühne das Oratorium fortgesetzt wurde, kamen Helfer und brachten die Person nach draußen - wo es ihr nach Auskunft der Schlosskonzerte glücklicherweise bald wieder besser ging.
Zwischen dem ersten und zweiten Teil legte Dirigent Axel Pfeiffer eine kurze Pause ein, die die Solisten gerne nutzten, um einen Schluck Wasser zu trinken. Und schon ging es weiter, leuchteten die Farben der Koloraturen, die Samantha Gaul mit ihrer wundervollen Stimme malte. Auch Johannes Schendel und Julian Habermann blieben ihrem Publikum keine Fein- und Schönheiten des Vortrags schuldig.
Als es am Ende des zweiten Teils - nach über einer Stunde konzentrierten Musizierens - Solistentrio und Chor sangen „Vollendet ist das große Werk“ applaudierte das Publikum anhaltend und herzlich. Kurz zuvor hatte man genau hingehört, als Haydn die Schöpfung der Tiere kunstvoll interpretierte und mit acht Porträts skizzierte: „Vor Freude brüllend steht der Löwe da. Hier schießt der gelenkige Tiger hervor.“
Der dritte Teil - nach der Pause - stellt das Leben im Paradies dar. Samantha Gaul und Johannes Schendel boten darin in den Rollen von Eva und Adam ihrem Publikum ein bezauberndes Duett - es war eine Freude, ihnen zu lauschen. Bald darauf lieferten Orchester, Chor und Solisten mit „Singt den Herrn alle Stimmen!“ den triumphalen Schluss. Knapp sechs Minuten lang feierte das Publikum die Musiker mit Jubel und Applaus.
Volles Haus und eine ganz besondere Stimmung prägen die Aufführung von Joseph Hadyns Oratorium „Die Schöpfung“ in der prunkvollen Weilburger Schlosskirche. Mit Landesjugendchor, Solisten, Landesjugendsinfonieorchester und Dirigent drängen sich über 90 Menschen auf der Bühne.
Fotos: Klaus Andrießen
Fasziniert mit wundervollem Sopran und herrlichen Koloraturen: Samantha Gaul.
Glänzen als Solisten (v.l.): Julian Habermann (Tenor), Samantha Gaul (Sopran) und Johannes Schendel (Bass).
Stürme der Begeisterung und stehende Ovationen: Landesjugendchor, Solisten, Landesjugendsinfonieorchester und Dirigent Axel Pfeiffer freuen sich über den verdienten Applaus.